Tagung vom 21. Mai 2021

Berufsfelddidaktik in der Schweiz

09.10 bis 10.10

Keynote 1: Berufsfelddidaktik – zwei Perspektiven

Janine Gut

Prof. Dr. Janine Gut ist Dozentin am Institut für spezielle Pädagogik und Psychologie der FHNW. Sie war bis Ende August 2022 Leiterin des Zentrums Berufsbildung an der Pädagogischen Hochschule Luzern.

Jürg Arpagaus

Prorektor Weiterbildung PH Luzern

Die Schweizerische Berufsbildung zeichnet sich durch ihre Orientierung an Handlungskompetenzen im zu erlernenden Beruf aus. Die Ausbildungsinstitutionen von Berufsbildungsverantwortlichen haben deshalb ein grosses Interesse daran, berufsspezifische Anforderungen in ihre Lehre zu integrieren. Doch wie kann den berufsspezifischen Anforderungen in den über 200 Lehrberufen in der Schweiz genügend Rechnung getragen werden? Der Ansatz einer Berufsfelddidaktik kann hier mit einer «Gruppierung» von Berufen in Berufsfeldern eine Möglichkeit bieten. Die eine Perspektive nutzt die Idee des «Feldes», um über Berufsfelddidaktik im Kontext der Ausbildung von Berufsbildungsverantwortlichen nachzudenken.  Die zweite Perspektive betrachtet die Verknüpfung von Lehrberuf und Ausbildungsberuf in der individuellen Professionalitätsentwicklung von Berufsbildungsverantwortlichen. Mit diesen zwei Perspektiven wird ein weites Feld der Berufsfelddidaktik eröffnet, das eine vielseitige Diskussion rund um verschiedene Perspektiven auf eine Berufsfelddidaktik ermöglicht.

09.10 bis 10.10

Keynote 2: Wissen und Können: Im Sport, im Alltag, im Beruf

Roland Messmer

Leiter Professur Sport und Sportdidaktik im Jugendalter FHNW

Wissen und Können sind ein Begriffspaar in der Didaktik, das nicht erst seit den Large-Scale Untersuchungen zum «pedagogical content knowledge», kurz PCK für die Fachdidaktiken von Interesse war. Gilbert Ryle erzählte schon 1949 von einem Clown, der überhaupt nicht lustig wäre, würde er während seinem Tun ständig darüber nachdenken, ob seine Pointen lustig sind. Oder aktueller erzählt Daniel Kahneman – Nobelpreisträger in der Wirtschaft – 2012 von einem Feuerwehrhauptmann, der seine Feuerwehrmänner vor dem Tod rettet, weil er gerade nicht nachdenkt und sie zum Rückzug aus einem brennenden Haus befiehlt. Ob lustig oder dramatisch, das Verhältnis von Reflexion (Wissen) und stillem Wissen (tacid knowledge) scheint deshalb auch für Ausbildungen von zentraler Bedeutung. Ich werde anhand von Beispielen des Lernens im Sport aufzuzeigen versuchen, wo sowohl bei den Sportlehrpersonen, als auch bei den Lernenden im Sport Reflexion den Erwerb von Können behindert und Wissen trotzdem nötig ist.

10.20 bis 11.20

Workshop 1: Virtual Reality in der Berufsbildung

Stephan Stierli

Leiter Qualität, Prozesse & Systeme bei libs Industrielle Berufslehren Schweiz

Wie findet Virtual Reality den Weg in die duale Berufsausbildung? In diesem praxisbezogenen Workshop stellt die Firma libs ihren Use Case vor und zeigt auf, wie sie eine Pneumatikschaltung mit der Virtual Reality Technologie umgesetzt hat und diese in der Ausbildung einsetzt. Im Use Case wird unter anderem der Prozess von der Idee über Prototyping, User Experience bis zum fertigen Produkt vorgestellt. Eine «live» Vorführung der VR-Anwendung mit einem anschliessenden Erfahrungsaustausch über deren Nutzen und Grenzen sowie deren Möglichkeiten in der Ausbildung runden den Workshop ab.

10.20 bis 11.20

Workshop 2: „Lern-feld-didaktik“ – ein Wort, 3 Prinzipien!

Walter Werner

Schulleiter Fachberufsschule Villach (Kärnten AUT)

In seinen Anfangszeiten als Schulleiter hat Walter Werner die Lernfelddidaktik als reines Unterrichtsprinzip kennengelernt. Im Laufe der Jahre wurde ihm aber klar, dass es mehr ist als eine Unterrichtsvorbereitung. Es ist eine Schulkultur, die in all ihren Facetten gelebt werden muss. Es reicht nicht, wenn man eine Saat ausbringt, sie muss auch gepflegt werden, um eine entsprechende Ernte einzubringen. Die drei Komponenten der Saat sind: Lernen – wie kann Lernen unterstützt und gefördert werdenFeld – wie kann man das Berufsfeld fachübergreifend und den Inhalt verbindend abdecken und Didaktik – wie kann man den Unterricht entsprechend gestalten, um zu fordern und fördernSeine Ideen dazu wird er in diesem Workshop vorstellen!

10.20 bis 11.20

Workshop 3: Berufliche Standards – didaktische Fragen und Konzepte

Marc Siegenthaler

Berufsgruppenleiter Haustechnik Sanitär GIBB Bern

Normen und Richtlinien widerspiegeln professionelle Wertevorstellungen sowie Aufgaben- und Verantwortungsbereiche eines Berufes. Sie sind für die pädagogischen Grundlagen eines Berufes prägend und fliessen entsprechend massgebend in die jeweiligen Bildungspläne mit ein. Der Workshop zeigt den Teilnehmenden die Neukonzeption und Umsetzung des aktuellen Bildungsplans (2020) Sanitärinstallateur/Sanitärinstallateurin EFZ der Suissetec auf. Am Prozess Beteiligte und Berufslernende im 1. Lehrjahr lassen wir dabei zu Wort kommen. Aspekte der Transfer- und Situationsdidaktik sind dabei zentral, flankiert von unterstützenden Rahmenbedingungen wie Stundenplänen oder Teamwork. Diese Inputs dienen dem anschliessenden Austausch von Fragen, Erfahrungen, Anregungen oder Ermunterungen der Teilnehmenden.

11.30 bis 12.30

Workshop 4: Modularisierung und Implikationen für die Berufsfelddidaktik

Stephan Leiser

Projekt Partner eduxept AG

Modularisierte Berufsbildungen sind Gegenstand kontroverser Diskussionen. Obschon in der Schweiz bis anhin ein einheitliches Verständnis für modulare Berufsbildungen fehlt, werden mit der Modularisierung unterschiedliche Erwartungen und Befürchtungen verbunden. Gemeinsam versuchen wir in diesem Workshop die vielseitigen Aspekte der Modularisierung zu verorten, bevor am Beispiel der seit über 20 Jahren modularisierten ICT-Berufsbildungsabschlüsse eine mögliche Umsetzung und deren Implikationen beleuchtet wird.

11.30 bis 12.30

Workshop 5: Verkehrswegbauer – Wie wird Berufsfelddidaktik konkret umgesetzt?

Stephan Dörig

Leiter Abteilung Allgemeinbildung BFS Verkehrswegbauer Sursee

Urs Gilli

Leiter ICT BFS Verkehrswegbauer Sursee

Die Lernortkooperation im Berufsfeld Verkehrswegbau findet seit dem Schuljahr 20_21 digital statt. Alle drei Lernorte (Fachkurse, betriebliche und überbetriebliche Bildung) sind auf der webbasierten Plattform vertreten und bieten für Lernende, Lehrpersonen und Berufsbildner/innen verschiedene Angebote und Instrumente. Im Zentrum steht das kompetenzorientierte Lernen: Praktische und schulische Tätigkeiten werden dabei dokumentiert und reflektiert. Inhalte können mit anderen geteilt und im persönlichen Portfolio zusammengestellt werden. Die Überprüfung und die Weiterentwicklung von Kompetenzen kann auf der Grundlage von Fremd- und Selbsteinschätzungen zeit- und ortsunabhängig durchgeführt werden. Berufsbildner/innen können sich jederzeit über den Ausbildungsstand ihrer Lernenden informieren und auf der Plattform direkt den Bildungsbericht erstellen.

11.30 bis 12.30

Workshop 6: Kompetenzorientierung und Abbildung der beruflichen Realität

Daniel Degen

Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentrum Berufsbildung PH Luzern

In der beruflichen Grundbildung ist der Aufbau von Handlungskompetenzen ein zentraler Bestandteil der Bildungspläne. Lernende sollen im Verlauf ihrer Ausbildung lernen, berufliche Situationen und Anforderungen zielgerichtet, verantwortungsbewusst und erfolgreich zu bewältigen. Ziel des Unterrichts an Berufsfachschulen ist deshalb die Verbindung von handlungsleitendem Wissen mit der aktuellen beruflichen Praxis anhand von einer aktiven Auseinandersetzung mit berufstypischen Situationen. In diesem Workshop diskutieren wir anhand von beispielhaften Lehr- und Lernsettings, inwiefern eine Berufsfelddidaktik, die die Berücksichtigung und den Bezug auf zielgruppen- und berufsspezifische Anforderungen und Handlungssituationen postuliert, den Ansprüchen der Handlungskompetenzorientierung gerecht werden kann.